McDonalds heißt jetzt DonMak und Starbucks ist jetzt Starducks. Ausgerechnet die abtrünnigen ukrainischen Gebiete könnten zum Vorbild für Russlands zukünftige Entwicklung werden: Anstatt durch den verlorenen Wohlstand zum Aufstand, wird die russische Bevölkerung durch die Sanktionen nur noch weiter in die Arme von Putins Regime getrieben.
Im Jahr 2014 spalteten sich nicht nur die Krim, sondern auch Donezk und Luhansk von der Ukraine ab und gründeten ihre eigenen Staaten, die niemand außer Russland anerkennen wollte. Doch mit Transnistrien, Südossetien und Abchasien gibt es längst seit Jahrzehnten russische De Facto-Staaten, die dem Kreml hörig sind. Diese existieren praktisch nur aufgrund der Unterstützung Moskaus und sind vom Rest der Welt abgeschnitten. Ähnlich ergeht es nun Russland, dass die schwersten Sanktionen in der Geschichte erlebt und von nahezu allen westlichen Gütern abgeschnitten ist. Nicht nur offizielle Sanktionen gegen Politiker und Banken haben auch zahllose Unternehmen den russischen Markt verlassen. Neben Autos, Schokolade und Kleidung müssen die Russen auf viele andere ihnen liebgewonnene Konsumgüter verzichten oder diese teuer über befreundete Staaten wie Armenien oder Kasachstan schmuggeln.
Ironischerweise führte die Isolation von der globalen Weltwirtschaft in manchen dieser De facto-Staaten sogar zu einer Art Demokratisierung. Um dem Druck von außen Stand zu halten, waren die Regime gezwungen, die Opposition mit einzubeziehen, die sich sonst ausländischen Kräften zugewandt hat. Man brachte eigene Checks and Balances hervor und musste die Bevölkerung durch Kooption bei Laune halten. So leben im industriestarken Transnistrien Russen, Ukrainer und Moldawier zu jeweils einem Drittel zusammen – doch müssen die Russen die anderen beiden Volksgruppen einbeziehen, die sich sonst ihren pro-westlichen Mutterstaaten zuwenden würden. Zusammen fand die heimische Wirtschaft kreative Wege, um ihre Produkte trotz Sanktionen in den Rest der Welt zu verkaufen.
Am Ende könnten die brachialen Sanktionen auch ironischerweise den Effekt haben und die Bevölkerung noch näher an das Putin-Regime binden: lokale Geschäftsleute übernehmen die internationalen Handelsketten, wie McDonalds, Starbucks oder Ikea, zu günstigen Preisen. Trotz mangelhafter Qualität und wenigen Anreizen der Oligarchen daran etwas zu ändern, werden diese die einzige Quelle für Arbeit, Einkommen und Konsum sein. Dies besonders für die junge Bevölkerung, die heute bereits die Hauptlast des Krieges trägt.
Doch stützt Putin seine Macht ohnehin eher auf die Generation, die die Katastrophe der 1990er Jahre miterlebt hatte. Die Hyperinflation und den annähernden Zusammenbruch des Staates. Diese Menschen ziehen ihr Gemüse in ihren Datschas, entrosten ihren zuverlässigen Ladas und pflegen liebevoll ihre aus der kommunistischen Ära geretteten Apartments. Am Ende könnten die Sanktionen sogar zu einer Stabilisierung des Regimes führen, denn diese schätzen die Stabilität über alles – und merken kaum etwas von Sanktionen.
Die ganze Geschichte in der „Postsowjetischen Welt – Vom Untergang des Kommunismus bis zur Invasion der Ukraine“.