Lebensstil, Unternehmertum und Technik

Kühe sind die Zukunft der indischen Nahrungsversorgung

Bhuj Kutch Gujarat India Dec 09 Stock Photo 1869983419 | Shutterstock

Globale Turbulenzen prüften die Belastbarkeit weltumspannender Lebensmittelsysteme. Bis 2032 werden insbesondere Südasien und Südostasien mit Indien als Schrittmacher durch einen gesellschaftlichen Wandel herausgefordert – denn angesichts der dortigen Ernährungsgewohnheiten gibt es keine Blaupausen.

Seit COVID-19 und dem damit einhergehenden Zusammenbruch der globalen Lieferketten, dem Krieg zwischen der Ukraine und Russland, zwei der größten Exporteure von agrarischen Rohstoffen, steigen die Preise von Lebensmitteln weltweit in ungeahnte Höhen. Neben Unsicherheiten und Fluktuationen bei Energie, Saatgut und Maschinen und Corona bedingter Einschränkungen der Mobilität von Arbeitskräften sind diese vor allem auf die Verteuerung von Düngemitteln zurückzuführen, erläutert die Food and Agriculture Organization (FAO) der Vereinten Nationen.

1Schulmädchen in Indien nehmen eine Schulmahlzeit zu sich. Im Zuge der Covid-Krise hat sich die Nahrungsunsicher-heit massiv ausgeweitet. Auch in Südostasien (Quelle: poltu shyamal / Shutterstock)

1Schulmädchen in Indien nehmen eine Schulmahlzeit zu sich. Im Zuge der Covid-Krise hat sich die Nahrungsunsicher-heit massiv ausgeweitet. Auch in Südostasien (Quelle: poltu shyamal / Shutterstock)


Mittelfristig rechnet die FAO in ihrem Ausblick bis 2032 dennoch mit einer schnellen Erholung des Preisdruckes auf den Lebensmittelmärkten. Sofern es nicht zu weiteren Störungen kommt wird die landwirtschaftliche Produktion voraussichtlich um jährlich 1,1 Prozent zunehmen. Das Wachstum konzentriert sich dabei vor allem in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen. Dieses Wachstum wird sich dabei eher auf effektivere Nutzung bestehender landwirtschaftlicher Flächen stützen denn eine Ausweitung der Nutzflächen. Jedoch benötigt dies Investitionen, die derzeit noch nicht genügen. Das aktuelle Umfeld mit hohen Zinsen macht es noch schwieriger, diese aufzutreiben. Insgesamt soll es in den nächsten zehn Jahren weltweit jährlich zu einer Zunahme der Kalorienzufuhr um 1,3 Prozent kommen – eine kleine Verlangsamung im Vergleich zum vergangenen Jahrzehnt.

Die ärmsten Länder und jene mit mittleren Einkommen weiten ihren Viehbestand massiv aus, was hauptsächlich Geflügel betrifft. Dagegen geht der Tierbestand in den wohlhabenden Staaten und China zurück. Mit jährlich 1,3 Prozent wird dieser Sektor weltweit sogar noch mehr wachsen als die Landwirtschaft. Dies lässt sich vor allem auf ein besseres Haltungsmanagement und nahrhaftere Fütterung zurückzuführen.

Ein globales Problem stellt der Verlust an Nahrungsmitteln im Gegenwert von bis zu 400 Milliarden US-Dollar, etwa 14 Prozent der Lebensmittel, entlang der Wertschöpfungskette von Ernte bis zum Handel dar. Weitere 17 Prozent gehen im Handel selbst und bei den Konsumenten verloren. Die Reduktion dieser Verluste wäre ein gewaltiger Hebel zur Stabilisierung regionaler und internationaler Ernährungssysteme.

Südasien und Südostasiens Bedarf an Nahrungsmitteln wird gewaltig steigen

Ein Drittel der Weltbevölkerung lebt in der Region Süd- und Südostasien, davon mit 1,4 Milliarden Einwohnern wiederum mehr als die Hälfte in Indien. Hier wird in den nächsten Jahren ein gewaltiger wirtschaftlicher Wachstumsschub erwartet, der alle anderen Weltregionen übertreffen wird. Die Pro-Kopf-Einkommen liegen derzeit noch unter dem Weltdurchschnitt, es wird jedoch erwartet, dass die Einkommen rasch steigen werden und damit auch die Ausgaben für hochwertigere Nahrungsmittel. Derzeit ist die Region Süd- und Südostasiens noch immer Heimat der größten Anzahl unterernährter Menschen – noch vor Subsahara-Afrika.

Frische Früchte, Gemüse und Milchprodukte sind für viele Haushalte zu teuer, dabei besteht ein empfohlener Speiseplan in Pakistan zu 30 Prozent aus Milchprodukten. Die Kosten eines solchen Musterspeisezettels haben sich in wenigen Jahren um 15 Prozent erhöht. Vor allem Transport und Lagerung haben die Preise für Lebensmittel verteuert. Die Regierungen in Delhi und Islamabad fördern systematisch den Gartenanbau, um den Menschen besonders in ländlichen Haushalten weiterhin Zugang zu gesunder Ernährung zu ermöglichen.

Weltweit ist die Zahl unterernährter Menschen von 800 Millionen im Jahr 2005 auf 600 Millionen im Jahr 2010 gesun-ken, um mit Ausbruch der COVID-Pandemie wieder auf über 700 Millionen gestiegen. Der Großteil der Hungernden konzentriert sich dabei in Subsahara-Afrika sowie Südostasien, wo auch der Großteil der Menschheit lebt.

Weltweit ist die Zahl unterernährter Menschen von 800 Millionen im Jahr 2005 auf 600 Millionen im Jahr 2010 gesunken, um mit Ausbruch der COVID-Pandemie wieder auf über 700 Millionen gestiegen. Der Großteil der Hungernden konzentriert sich dabei in Subsahara-Afrika sowie Südostasien, wo auch der Großteil der Menschheit lebt.


Wohlstand und Urbanisierung ändern die Ernährungsgewohnheiten

Mit fortschreitender Urbanisierung und wachsenden Einkommen verändern sich auch die Ernährungsgewohnheiten der Menschen. Man muss proportional weniger Geld für die Ernährung ausgeben. Im weltweiten Durchschnitt werden die Ausgaben für Lebensmittel im Jahr 2032 wohl auf 17 Prozent der Haushaltseinkommen fallen. Dies ist vor allem auf die Entwicklungsregion Süd- und Südostasien zurückzuführen.

Die durchschnittlichen Ausgaben der Haushalte für Lebensmittel als Anteil des Haushaltseinkommen werden bis 2032 in den am wenigsten entwickelten Regionen stark sinken. In Subsahara-Afrika von knapp 25 auf 18 Prozent. In Süd- und Südostasien von heute knapp 17 Prozent auf etwas über 10 Prozent. In den Hochlohnländern Europas und Nordameri-kas werden die Ausgaben anteilsmäßig kaum noch sinken.

Die durchschnittlichen Ausgaben der Haushalte für Lebensmittel als Anteil des Haushaltseinkommen werden bis 2032 in den am wenigsten entwickelten Regionen stark sinken. In Subsahara-Afrika von knapp 25 auf 18 Prozent. In Süd- und Südostasien von heute knapp 17 Prozent auf etwas über 10 Prozent. In den Hochlohnländern Europas und Nordamerikas werden die Ausgaben anteilsmäßig kaum noch sinken.


Dabei bleibt die Kalorienzufuhr für viele Einwohner in Süd- und Südostasien relativ konstant. Indiens Kalorienkonsum wird sich bis 2032 auf täglich 2900 Kilokalorien etwas erhöhen und damit fast den weltweiten Durchschnitt erreichen. Nach wie vor macht Getreide in Form von Weizen und Reis einen Großteil des asiatischen Speiseplanes aus. Hier werden sich im Lauf der Entwicklung Asiens Konsummuster spalten. Während Länder wie Indonesien und Vietnam ihren Reiskonsum noch weiter ausbauen, werden Inder neben den dominierenden Hirsen, Linsen, Bohnen und anderen Hülsenfrüchten, ebenso auf Weizen setzen. Trotz der steigenden Einkommen ist nicht mit einer signifikanten Zunahme des indischen Zuckerverbrauchs pro Einwohner zu rechnen.

Die FAO erwartet in ihrem Ausblick vor allem Zuwächse beim Getreideverbrauch der einzelnen Einwohner. Reis und Weizen werden in Südost- und Südasien dominieren, sowohl im Speiseplan der einzelnen Haushalte als auch insge-samt durch eine wachsende Bevölkerung.

Die FAO erwartet in ihrem Ausblick vor allem Zuwächse beim Getreideverbrauch der einzelnen Einwohner. Reis und Weizen werden in Südost- und Südasien dominieren, sowohl im Speiseplan der einzelnen Haushalte als auch insgesamt durch eine wachsende Bevölkerung.


Milch bestimmt 2032 den Speiseplan in Indien und Pakistan

Erfahrungsgemäß ändern sich die Ernährungsgewohnheiten mit mehr Wohlstand hin zu tierischen und verarbeiteten Produkten. Nicht so in Indien und seinen Nachbarstaaten mit ihrer weltweit außergewöhnlichen Küche. Ein signifikanter Anteil der Bewohner der Region lebt nämlich vegetarisch – ganz im Gegensatz zu ihren ostasiatischen Nachbarn, die seit der Jahrtausendwende rasant an Wohlstand gewonnen haben und massiv auf Fleisch setzten.

Dies macht es schwer, deren zukünftige Ernährungsgewohnheiten zu prognostizieren. Der einzelne Weltbürger verbraucht derzeit im Schnitt jährlich 12 Kilogramm Fleisch, Vietnams Einwohner essen derzeit im Schnitt lediglich sieben Kilogramm, bis zum Jahr 2032 könnte dies auf etwa 52 Kilogramm anwachsen – vor allem Schwein. In Indien sind es derzeit lediglich 3,3 Kilogramm, hauptsächlich Geflügel. Die Prognosen, wie sich dies auf die Gesamtnachfrage auswirkt, müssen für den vegetarischen Giganten also mehr als wage ausfallen.

Insgesamt liegt die Proteinzufuhr der Inder weit unterhalb des weltweiten Durchschnitts. Wohl werden diese – ebenso wie das benachbarte Pakistan – dieses Defizit mit wachsendem Einkommen durch einen überdurchschnittlichen Milchkonsum kompensieren. Während das Milliardenvolk beim Verzehr von Fleisch und Fisch praktisch keine Rolle spielt, dominiert das Land nämlich beim Zuwachs der Nachfrage nach Milch – zum überwältigenden Anteil aus Kühen, in kleinem Maße auch durch Büffel und Kamele. Auch wenn sich die Importe von Milch dadurch geringfügig erhöhen, gelingt es beiden Ländern einen hohen Selbstversorgungsgrad aufrechtzuerhalten. Gemeinsam tragen Indien und Pakistan etwa zur Hälfte des rapiden Wachstums in der Milchproduktion bei. Insgesamt wird die Region durch etwa 23 Prozent mehr Kühe und zu 8 Prozent mehr Ertrag pro Kuh ihre Milchproduktion um ein Drittel ausweiten.

Neben Getreide wird sich die Nachfrage der indischen und pakistanischen Bevölkerung vor allem im Milchsektor nie-derschlagen. Beide Ländern werden durch eine massive Ausweitung der Milchproduktion bis 2032 einen hohen Grad an Selbstversorgung beibehalten.

Neben Getreide wird sich die Nachfrage der indischen und pakistanischen Bevölkerung vor allem im Milchsektor niederschlagen. Beide Ländern werden durch eine massive Ausweitung der Milchproduktion bis 2032 einen hohen Grad an Selbstversorgung beibehalten.


Die landwirtschaftliche Produktion in Indien und Südasien

Bereits mit seiner Unabhängigkeit in den 1960er Jahren und der Erfahrung wiederkehrender Hungersnöte sah man in Indien die Notwendigkeit den Agrarsektor zu modernisieren. Diese sogenannte Grüne Revolution nahm in der Provinz Punjab seinen Anfang. Dort wurde mittels Reformen der Zugang zu hochwertigerem, beständigerem Saatgut sowie die Finanzierung und der Zugang zu Krediten erleichtert, Weizen, effektiveres Düngemittel eingeführt, sowie eine Bewässerungsinfrastruktur geschaffen.

In Süd- und Südostasien werden derzeit lediglich 0,2 Hektar pro Person bewirtschaftet gegenüber 0,6 Hektar im Weltdurchschnitt. Mit einer wachsenden Bevölkerung wird sich der Ressourcendruck weiter erhöhen und höhere Erträge pro Hektar für die Region noch bedeutender machen. Doch die bisherige Fruchtfolge aus Weizen und Reis führen inzwischen zu einer Stagnation der Produktivität. Erneut muss das Land sich reformieren. Prognosen der FAO scheinen optimistisch, dass Indien dies gelingen kann.

Süd- und Südostasien ist heute der größte Produzent von Weizen, Reis, pflanzlichen Ölen, Hülsenfrüchten und Zucker. Indien allein produziert 70 Prozent des Weizens und 40 Prozent des Reises der Region. Aufgrund von intensiverer Flächennutzung, höheren Ernteerträgen und einer effizienteren Fruchtfolge sowie geeignetere Sorten. Die FAO erwartet hohe Wachstumsraten bei Weizen, Mais und Reis, insgesamt soll der Output der Landwirtschaft um 20 Prozent steigen. Nur in Afrika wird eine größere Produktivitätssteigerung erwartet.

Vermehrt wird diese landwirtschaftliche Produktion auch zu Biotreibstoffen verarbeitet, die sich in den vergangenen Jahren zur dominierenden industriellen Entwicklung von Agrarprodukten entwickelte. Neben klassischen Ländern wie Brasilien, Argentinien oder Kolumbien, setzt vor allem Indien auf Bioethanol. Dieses wird in erster Linie aus Zuckerrohr, Mais, Weizen und Reis gewonnen. Biodiesel aus benutzten Speiseölen erfährt vor allem in Indonesien hohe Popularität. Beide Länder pushen diesen Verbrauch durch verpflichtende Beimischungsquoten zwischen 20 und 30 Prozent.

Immer mehr landwirtschaftliche Rohstoffe werden für Biotreibstoffe verwendet. Dafür müssen kaum mehr landwirt-schaftliche Produkte anteilsmäßig für Futtermittel für Vieh verwendet werden.

Immer mehr landwirtschaftliche Rohstoffe werden für Biotreibstoffe verwendet. Dafür müssen kaum mehr landwirtschaftliche Produkte anteilsmäßig für Futtermittel für Vieh verwendet werden.


Vor allem Indiens Nachfrage nach Biotreibstoffen in Form von Ethanol wird sich massive ausweiten. Indonesien wird sich vor allem auf Biodiesel aus Pflanzenölen spezialisieren, wo man auch einen Großteil der Weltproduktion behei-matet.

Vor allem Indiens Nachfrage nach Biotreibstoffen in Form von Ethanol wird sich massive ausweiten. Indonesien wird sich vor allem auf Biodiesel aus Pflanzenölen spezialisieren, wo man auch einen Großteil der Weltproduktion beheimatet.


Andere industrielle Zwecke umfassen die Materialindustrie für Plastik, Kleidung, Farbe und die in Indien sehr bedeutende pharmazeutische Industrie. Derzeit trägt die Südost- und Südasiatische Region zu etwa einem Fünftel der globalen Biodiesel-Nutzung bei – im Jahr 2032 wird dies voraussichtlich ein Viertel betragen.

44 Prozent der pflanzlichen Öle werden in Malaysia und Indonesien hergestellt. Trotz der zuletzt schweren Turbulenzen aufgrund schlechter Wetterverhältnisse, COVID-bedingte Einschränkungen der Mobilität von Arbeitskräften und indonesischen Exportbeschränkungen auf Palmöl wird ein Großteil des Produktionswachstums in der Landwirtschaft hier erwartet. Letztendlich wird dies auch die Notwendigkeit fossiler Energieimporte aus dem Ausland verringern und Finanzmittel für anderes freimachen. Auch in Indonesien kommen die größten Produktionsgewinne aufgrund von Mechanisierung und Reaktivierung alter Plantagen zustande, während die Erschließung neuer Plantagen aus Nachhaltigkeitsgründen eingeschränkt wurde.

Wichtige Rolle von Handel in der Landwirtschaft insbesondere von Dünger

Handel spielt innerhalb von resilienten Nahrungsmittelsystemen eine ganz besondere Rolle. Länder mit landwirtschaftlichen Überschüssen verkaufen diese an jene mit Defiziten und versorgen so die gesamte Weltbevölkerung mit genügend Lebensmitteln. Sie bieten Bauern, Landarbeitern und Händlern zugleich höhere Einkommen und ermöglichen den Austausch von agrarischen Produktionsmitteln, sowie das Ausweichen auf andere Versorger im Falle von Missernten.

Indien allein zählt zu den größten fünf Reisexporteuren der Welt. Zusammen mit den anderen Ländern der Region hat man derzeit noch ein kleines Plus beim Export agrarischer Rohstoffe, jedoch wird sich dies bis 2032 in ein leichtes Defizit wandeln. Man bleibt insbesondere auf Importe von Weizen, Mais, Sojabohnen und Protein-Futter angewiesen, wo sich die Abhängigkeiten das nächste Jahrzehnt noch vertiefen werden. Dagegen versorgt Indien die Welt vor allem mit Reis (86 Prozent Weltmarktanteil) und Zucker (28 Prozent). Indonesien und Malaysia gehören zu den größten Händlern von Pflanzenölen, sowie Knollen, Wurzelgemüse, Fleisch und etwa einem Viertel aller Fischexporte.

Milch und Reis bestimmen den indischen Speiseplan auch in der Zukunft. Hier pflügt ein indischer Bauer sein Feld mit einem Ochsen-Gespann, um das Pflanzen des Reises vorzubereiten. (Quelle: Nila Newsom / Shutterstock)

Milch und Reis bestimmen den indischen Speiseplan auch in der Zukunft. Hier pflügt ein indischer Bauer sein Feld mit einem Ochsen-Gespann, um das Pflanzen des Reises vorzubereiten. (Quelle: Nila Newsom / Shutterstock)


COVID-19, der Krieg Russlands in der Ukraine und zuletzt der Überfall der palästinensischen Hamas auf Israel führten zu starken Erschütterungen der Handelswege. Wenngleich sich der Welthandel im Nahrungssektor als resilienter als befürchtet herausstellte, kam es dennoch zu massiven Preissteigerungen. 20 Länder befeuerten diese zusätzlich durch Exportbeschränkungen landwirtschaftlicher Güter und trieben so Preisunsicherheiten noch weiter nach oben. Dies brachte negative Effekte für die Ernährungssicherheit zahlreicher Länder mit sich. Selbst der zuletzt starke wirtschaftliche Aufschwung vermochte diese Trendumkehr bei der Anzahl unterernährten Menschen nicht zu stoppen.

Nicht zuletzt waren die Energie- und Düngemittelpreise ausschlaggebend für die letzten Preiserhöhungen. Dünger bieten wertvolle Nährstoffe um die Ernteerträge zu maximieren und deren Qualität zu steigern. Die wichtigsten beruhen auf Phosphor, Kalium und Stickstoff – besonders bei Letzterem ist Russland ein bedeutender Exporteur und Indien einer der größten Importeure davon: Russland, Weißrussland und Ukraine zählten alle zu den zehn größten Dünger-Lieferanten Indiens. Die FAO berechnete, dass jeder Dollar Preissteigerung bei Düngemitteln eine Verteuerung landwirtschaftlicher Erzeugnisse um 20 US-Cent nach sich zieht. Dies führte dazu, dass in manchen Regionen Indiens fast 50 Prozent weniger Reis und Ölsaaten, 40 Prozent weniger Getreide und 35 Prozent weniger Hülsenfrüchte ausgesät wurden, als im Jahr zuvor.

Dank vergünstigter Preise stiegen jedoch innerhalb eines Jahres die Düngemittelimporte Indiens aus Russlands um über 500 Prozent und ersetzten so China als wichtigsten Düngemittellieferanten.  Inzwischen sind diese wieder ausgesetzt und neue Turbulenzen drohen durch den Krieg zwischen Israel und der palästinensischen Hamas. Israels Hafen Ashdod ist nämlich ein Hauptumschlagszentrum für Kalidünger, doch operiert dieser gerade unter starken Beschränkungen – die Aktienmärkte reagierten bereits.

Russland ersetzt China als Indiens größten Düngemittellieferant. Von 4 Prozent der Dünger-Importe in 2021 steigerte man sich auf 22 Prozent der indischen Importe.

Russland ersetzt China als Indiens größten Düngemittellieferant. Von 4 Prozent der Dünger-Importe in 2021 steigerte man sich auf 22 Prozent der indischen Importe.


Globale Krisen befeuern lokalen Hunger

Zahlreiche globale Krisen von Pandemien bis zu Kriegen brachten lokale Lebensmittelsysteme unter Druck und trieben so die Lebensmittelpreise in die Höhe. Ein besonderes Element dabei sind Dünger, die nur durch wenige Länder weltweit exportiert werden. Millionen von Menschen sind wieder von Unterernährung betroffen.

Trotz aller Widrigkeiten prognostiziert die FAO mittelfristig eine Erholung. Insbesondere Indien und die südasiatische Region werden mit ihrem Bevölkerungswachstum, höheren Einkommen und Wachstum der Städte diese Erholung befeuern. Aufgrund der vegetarischen Lebensweise wird der Speiseplan jedoch etwas anders ausfallen als in bisherigen Regionen mit plötzlichem Wohlstandsgewinn. Ebenso wie in Pakistan wird wohl die Proteinzufuhr durch Milch Fleisch ersetzen und beide Länder diese Sektoren massiv ausbauen. Weitere Wachstumsmotoren sind die industrielle Nutzung von Agrarrohstoffen für Treibstoffe und der Reisexport.

Doch stehen den Ländern noch massive Reformen bevor, um diese optimistischen Prognosen in die Tat umzusetzen. Auch muss die politische Großwetterlage zur Ruhe kommen, aber Lebensmittelmärkte zeigten sich bisher um ein Vielfaches resilienter als befürchtet. Eine große Herausforderung steht der globalen Landwirtschaft aber noch bevor: die Bewältigung der Folgen des Klimawandels, die sich immer deutlicher zeigen.

Related Posts

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert